Wie gefährlich ist eine Gewebe- probeentnahme aus der Prostata?

Die Diagnostik von Prostatatumoren konnte in den letzten Jahren insbesondere durch eine spezielle Kernspintomographie, die sogenannte multiparametrische Magnetresonanztomographie (mpMRT) ganz wesentlich verbessert werden. Allerdings reichen derzeit weder Laborergebnisse (PSA-Wert), noch modernste bildgebende Verfahren wie das MRT aus, um ein Prostatakarzinom definitiv sicherzustellen oder auszuschließen. Hierfür ist weiterhin eine Gewebeentnahme („Biopsie“) aus der Prostata notwendig. Standardverfahren ist die transrektale, das heißt über den Enddarm durchgeführte, ultraschallgesteuerte Prostatabiopsie. Hierbei werden nach einem vorgegebenen Schema aus verschiedenen Arealen der Prostata rechts und links in der Regel mindestens 10 kleine Gewebezylinder entnommen. Alternativ kann die Gewebeentnahme auch über den Damm (lat. „Perineum“), also über das Gebiet zwischen dem Hodensack und dem After, erfolgen. Dieses Verfahren, die so genannte perineale Prostatabiopsie, hat sich allerdings bislang nicht durchsetzen können.

Wie gefährlich ist eine Gewebeentnahme aus der Prostata? Was sind mögliche Nebenwirkungen und Risiken?

1. Schmerzen. Zur Schmerzvermeidung wird vor der Gewebeentnahme ein schmerzstillendes Gel oder Zäpfchen in den Enddarm eingebracht; zusätzlich kann die Schleimhaut gezielt durch ein Lokalanäesthetikum örtlich betäubt werden. Durch diese Maßnahmen ist die Gewebeentnahme meist schmerzfrei, allenfalls - durch den Druck auf das Gewebe bedingt - etwas unangenehm.

2. Blutungen. Relativ häufig sind blutiger Urin und blutiges Sperma nach einer Prostatabiopsie. Beides ist nicht als Komplikation zu werten, sondern eine kurzzeitige, in der Regel völlig harmlose Folge der Punktion. Da die Gewebeentnahme aus der Prostata über den Enddarm erfolgt, kann es auch in Einzelfällen zu einem - unbedenklichen - Abgang von etwas Blut aus dem After kommen. Ursprung eines Blutabganges kann einerseits ein Punktionskanal der Prostata, selten auch ein punktiertes Blutgefäß unterhalb der Darmschleimhaut sein. Liegt ein anhaltender oder höhergradiger Blutabgang vor, muß ein Arzt aufgesucht werden. Stärkere Blutungen, die eine Tamponade (nochmaliges Einlegen eines Salbenstreifens in den Enddarm) oder einen kleinen Eingriff, z.B. eine Verödung, notwendig machen, sind jedoch ausgesprochen selten.

3. Infektionen. Durch die Punktion über das Rectum (Enddarm) können Darmkeime in das Gewebe eingebracht und nachfolgend zu einer bakteriellen Infektion der Prostata führen. Aus diesem Grund muss vor und nach der Gewebeentnahme ein Antibiotikum eingenommen werden. Standard sind sogenannte „Fluorchinolone“, wie zum Beispiel Levofloxacin. Hierdurch kann die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Prostata- oder Harnwegsinfektionen nach Gewebeentnahme auf unter 3% reduziert werden. Sehr selten sind fieberhafte Infekte mit Auswirkung auf den Kreislauf („Sepsis“), wenn beispielsweise Keime infolge der Biopsie in die Blutbahn gelangen. Um die Sicherheit noch weiter zu erhöhen, werden die Patienten von uns vor geplanter Prostatabiospie auf resistente Keime hin untersucht und das Antibiotikum gegebenenfalls individuell gewählt.

4. Tumorzellverschleppung. Immer wieder hört man die Befürchtungen, dass durch eine Gewebeentnahme Tumorzellen an einen anderen Ort im Körper verschleppt werden. Es gibt nach heutigem Wissensstand jedoch keinerlei Hinweise dafür, dass es zu einer Verschleppung oder „Streuung“ von Prostatatumorzellen durch die Gewebeentnahme kommt. Ebenso sind Ängste, dass eine Prostatabiopsie zu Impotenz bzw. Erektionsschwäche führt, absolut unbegründet.

Zusammenfassend ist die durch einen erfahrenen Urologen durchgeführte Gewebeentnahme aus der Prostata ein sicheres und komplikationsarmes Verfahren, das insbesondere in Form einer gezielten MRT-TRUS-Fusionsbiopsie eine sehr hohe diagnostische Aussagekraft hat. Nach wie vor ist die Prostatabiopsie das einzige diagnostische Verfahren, das das Vorliegen eines Prostatakarzinoms beweisen oder ausschließen kann.

Priv.-Doz. Dr. Peter Rubenwolf

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