Das Ergebnis der Prostatabiopsie

Die Empfehlung des Urologen, eine Gewebeprobe (Biopsie) aus der Prostata zu entnehmen, basiert nicht auf einem Bauchgefühl, sondern auf klar definierten medizinischen Voraussetzungen. Diese Voraussetzungen wurden von Experten der an Diagnostik und Behandlung des Tumors beteiligten Disziplinen in einer der hochwertigsten Leitlinien (S3) formuliert, die die Medizin kennt. Die deutsche Leitlinie zum Prostatakarzinom ist eine sogenannte‚ living (lebende) guideline (Leitlinie)’, wird also regelmäßig auf den neuesten Stand gebracht. Die vornehmste Aufgabe des Urologen ist es, die abstrakten Empfehlungen der Leitlinien sinnvoll auf die individuelle Situation ihrer Patienten anzupassen. Hierbei muss das Risiko einer Über- und Unterdiagnostik berücksichtigt werden. In der Aufklärung müssen dem Patienten und idealerweise auch der Ehefrau die Gründe für die Empfehlung einer Biopsie in laienverständlicher Sprache dargelegt und die Abläufe geschildert werden. Erfahrungsgemäß ist es sehr wichtig darauf hinzuweisen, dass es im Rahmen einer Gewebeprobe nicht zu einer Tumorzellverschleppung kommen kann. Ist die Biopsie erfolgt, dauert es in der Regel 2 bis 3 Tage, bis das Gutachten des Pathologen vorliegt.

Urologen arbeiten in der Regel mit Pathologen zusammen, die auf die Diagnostik von Prostatatumoren spezialisiert sind. Nach einer ersten taktvollen telefonischen Ergebnismitteilung schließt sich eine zeitnahe und ausfühliche Erörterung der Ergebnisse in einem persönlichen Gespräch an. Das Prostata-Biopsie-Ergebnis ist keinesfalls nur eine simple Tumor-Ja/Nein-Aussage, sondern beinhaltet eine ganze Reihe weiterer wichtiger Infomationen. So erlaubt die Anzahl von Tumor befallener Stanzzylinder (z.B. 2 von 12) eine Abschätzung der Ausdehnung des Tumors. Der Pathologe gibt ausserdem an, wieviel Prozent eines Stanzzylinders betroffen sind (z.B. 5% versus 100%). Da der Urologe dem Pathologen in standardisierter Weise mitteilt, an welcher Stelle der Prostata die jeweilige Biopsie entnommen wurde, kann er genaue Angaben machen, wo der Tumor wächst: ob nur in einem oder in beiden Seitenlappen der Vorstehedrüse.
Das wichtigste Prostata-Biopsie-Ergebnis ist die Abschätzung der Aggressivität des Tumors. Hierzu bedient sich der Pathologe einer Methode, die auf den Amerikaner Donald Gleason zurückgeht. Der sogenannte Gleason-Score reicht von 0 bis 10. Null bis 5 wird quasi nicht diagnostiziert. Ein Gleason-Score von 6 entspricht einem wenig aggressiven, ein Gleason Score von 7 einem mäßig aggressiven Tumor. Gleason 8-10 Tumoren sind als sehr aggressiv einzuschätzen. Nimmt man zu den feingeweblichen Befunden noch die Höhe des PSA-Werts und den Tastbefund hinzu, kann der Tumor einer von drei Risiko-Stufen zugeordnet werden. Der amerikanische Arzt D’Amico hat in Prostatakarzinome mit niedrigem, mittlerem und hohen Risiko unterschieden.
Das Risiko bezieht sich hierbei auf die mehr oder weniger ausgeprägte Neigung zur Absiedlung von Tochtergeschwülsten (Metastasierung). Diese Klassifikation ist in der Diskussion der Behandlungsformen von allergrößter Bedeutung. Das Behandlungsspektrum reicht von einer aktiven Überwachung (Active Surveillance) bei Niedrig-Risiko-Tumoren bis zur Kombination verschiedener Maßnahmen (multimodale Therapie) bei hohem Risiko. Bei der Beratung über die einzuschlagende Therapie werden selbstverständlich Faktoren wie Alter des Patienten (und damit die Lebenserwartung), andere Erkrankungen und stattgehabte Operationen, die familiären Umstände und die Präferenzen der Betroffenen berücksichtigt.

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