Der Mann, das Prostatakarzinom, das Testosteron und der Haarausfall

12.05.2015 | Der Mann, das Prostatakarzinom, das Testosteron und der Haarausfall

Viel geistert durch das Internet über den Zusammenhang von Prostatakarzinom, Testosteron und in letzter Zeit auch noch dem Haarausfall des Mannes. Meiner Meinung nach ergeben sich diese ganzen Diskussionen aus der Therapie des Prostatakarzinoms. Ein fortgeschrittenes Prostatakarzinom wird zumeist (am Anfang) mit einer sogenannten Androgenentzugstherapie (d.h. einer Hemmung des Testosterons) behandelt. Aufgrund dieser sehr effektiven Behandlung des Prostatakarzinoms wurden seinerzeit Rückschlüsse auf die Ursache des Prostatakarzinoms gezogen. Ist ja auch naheliegend, das Testosteron als möglichen Verursacher heranzuziehen, wenn ein Entzug des Testosterons das Tumorwachstum so effektiv hemmt. Untersuchungen der vergangenen Jahre haben jedoch gezeigt, dass das normale Testosteron nicht das Prostatakarzinomwachstum steigernde Agens ist. Vielmehr zeichnet eine Variante des Testosterons, das sogenannte Dihydrotestosteron (DHT) für die Stimulation des Prostatakarzinomwachstums (mit) verantwortlich. Diese Erkenntnis führte wiederum dazu, dass in großen klinischen Untersuchungen ein Wirkstoff, welcher die Produktion von DHT aus Testosteron hemmt (Dutasterid), für die Prophylaxe (Verhinderung) des Prostatakarzinoms untersucht wurde. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen waren durchaus mehrdeutig. Auf der einen Seite konnte man zeigen, dass man bei den Patienten, welche den Wirkstoff erhielten, tatsächlich die Häufigkeit an Prostatakarzinomen deutlich reduzieren konnte (etwa 20 %). Auf der anderen Seite fanden sich jedoch bei den behandelten Patienten deutlich aggressivere Prostatakarzinome, so dass die Prophylaxetherapie mit Dutasterid für das Prostatakarzinom keinen Einzug in die Routinebehandlung gefunden hat.

Aus anderen Untersuchungen wusste man nun unabhängig hiervon, dass DHT wohl auch das verursachende Hormon beim männlichen Haarausfall (androgenetische Alopezie) ist. Der Wirkstoff, Finasterid, ein Verwandter des Dutasterids, wird auch mit gutem Erfolg zur Behandlung bzw. Verhinderung des männlichen Haarausfalls angewendet. Was liegt da näher, als einmal zu untersuchen, was der Haarausfall für einen Einfluss auf die Entwicklung von Prostatakarzinomen hat.

Mehrere Studien, welche sich dieser Fragestellung angenommen haben, wurden in den letzten Jahren veröffentlicht, allerdings mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Kürzlich veröffentlichte eine Amerikanische Gruppe eine Arbeit zu diesem Thema in dem renommierten Journal of Clinical Oncology. Hierbei wurden die Ausprägung und das Muster des männlichen Haarausfalls (Stirnglatze plus leichte, mäßige oder starke Scheitelglatze im Alter von 45 Jahren) mit der Häufigkeit und der Aggressivität von Prostatakarzinomen in Beziehung gesetzt. Das zusammenfassende Ergebnis dieser aufwendigen Untersuchung war es, dass Glatzenbildung mit 45 Jahren nicht signifikant mit dem Auftreten von Prostatakarzinomen korreliert ist. Allerdings konnte gezeigt werden, dass eine Stirnglatze in Kombination mit einer moderaten Scheitelglatze signifikant mit aggressiveren Prostatakarzinomen vergesellschaftet ist.

Meine persönliche Meinung hierzu: Man muss nur möglichst viele Untergruppen bilden. Irgendeine wird dann schon statistisch signifikant sein. Man(n) möge mir doch meinen Sarkasmus bitte nachsehe Insgesamt soll diese kleine Übersicht auch demonstrieren, wie viele Zusammenhänge man in der Medizin herstellen kann. Dabei gilt allerdings immer: Etwas, was in Zusammenhang steht, muss noch lange nicht ursächlich füreinander sein.

Insgesamt lässt sich aus meiner Sicht also kein ausreichender Beweis für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Glatzenbildung und dem Prostatakarzinom aufzeigen.

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