Nächtliches Einnässen Im Kindesalter – zu Unrecht ein Tabuthema

30.04.2015 | Nächtliches Einnässen Im Kindesalter – zu Unrecht ein Tabuthema

Nächtliches Einnässen im Kindesalter (in der Fachsprache als Enuresis nocturna' bezeichnet) ist wesentlich häufiger, als allgemein angenommen wird. Eine Reihe von Studien kommen zu dem Schluß, daß im Alter von fünfeinhalb Jahren noch bis zu 30% aller Kinder regelmäßig nachts einnässen. Mit zunehmendem Alter nimmt das Einnässen zwar ab, kann jedoch bei ausbleibender Therapie in bis zu 2% der Fälle in das Erwachsenenalter hinein fortbestehen.

Obwohl Bettnässen an sich keinen Krankheitswert besitzt, wird es von mindestens der Hälfte der betroffenen Kinder und deren Familien als ausgesprochen psychisch belastend empfunden. Dies zeigt umso deutlicher, daß die Enuresis nicht einfach ignoriert oder – wie leider immer noch häufig - tabuisiert werden sollte, sondern einer fachkundigen Abklärung und Erstellung eines auf das Kind abgestimmten Behandlungsplanes bedarf.

Ursächlich für die ungewollten nächtlichen Urinverluste ist eine Reifungsverzögerung eines bestimmten Areals des Zentralnervensystems, eine vermehrte nächtliche Urinproduktion und/oder eine nächtliche Überaktivität der Blase. Ergebnis ist, daß das Kind die volle Blase nicht wahrnimmt, eine Aufwachreaktion ausbleibt und dadurch die Blase ungewollt entleert wird.

Mit Hilfe gezielter Fragen, einer (schmerzlosen) Untersuchung des Kindes einschließlich Urindiagnostik und Ultraschalluntersuchung von Nieren und Blase können mögliche Ursachen des Einnässens erkannt und so ein individuelles Therapiekonzept für das Kind und seine Familie erstellt werden. Dazu gehören in erster Linie Motivation, gezielte Verhaltensmaßnahmen (sogenannte „Urotherapie“), Alarmsysteme („Klingelhose“) und gegebenenfalls auch eine medikamentöse Unterstützung mit Wirkung auf die nächtliche Urinmenge und die Blasenfunktion. Privatdozent Dr. Rubenwolf konnte bereits 2007 (www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/16586268) und in seiner kürzlich veröffentlichen aktualisierten Übersichtsarbeit zum kindlichen Einnässen zeigen, daß die Erfolgsaussichten medikamentöser Maßnahmen oftmals allzu optimistisch eingeschätzt werden und einer kritischen Überprüfung nicht standhalten. Er kommt in beiden Arbeiten zu der Schlußfolgerung, daß moderne kabellose Alarmsysteme bei richtiger Anwendung die nachhaltigsten Erfolgsaussichten haben und der Pharmakotherapie (medikamentöse Maßnahmen) oftmals überlegen sind. Von ungezielten, das heißt nicht auf das jeweilige Kind zugeschnittenen Therapiemethoden, sollte seiner Meinung nach Abstand genommen werden (http://www.springermedizin.de/urotherapie-als-grundlage/5559366.html).

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