Allgemeines rund um die Prostata

Moderne bildgebende Diagnostik der Prostata“, „MRT-/TRUS Fusionsbiopsie“, „Fokale Therapie des Prostatakarzinoms“, „Ergebnis der Prostatabiopsie“ usw. - in unserem Patientenratgeber beleuchten wir eine Vielzahl wichtiger, aber teilweise recht spezieller Aspekte rund um das Thema „Prostatakrebs“. Nach der Lektüre unserer Artikel sind Sie „up to date“, zumindest, was aktuelle Diagnostik und Therapiemöglichkeiten beim Prostatakrebs angeht. Aber wissen Sie eigentlich auch, welche Aufgabe die Prostata hat, wo genau sie im Körper liegt, und welche weiteren Erkrankungen, einmal abgesehen vom Prostatakarzinom, von diesem Organ ausgehen können? Hierüber soll Ihnen dieser kleine Artikel Auskunft geben.

Woher kommt das Wort „Prostata“?

Zunächst einmal zum Begriff „Prostata“. Dieser leitet sich - wie so Vieles in der Medizin - vom Altgriechischen, und zwar vom Wort προστάτης (prostates), der „Vorsteher“ ab. Die deutsche Übersetzung der Prostata ist deshalb „Vorsteherdrüse“, was auf anatomische Lage des Organs im kleinen Becken bzw. auf den räumlichen Bezug zur Harnblase zurückzuführen ist.

Wo genau liegt die Prostata im Körper?

Die Prostata ist eine unpaare Geschlechtsdrüse, die beim jungen Mann die Form und Größe einer Kastanie mit einem Volumen von etwa 15 Millilitern (cm3) besitzt. Sie umschließt den Anfangsteil der Harnröhre zwischen dem Boden der Harnblase, dem muskulären Beckenboden sowie der Rückfläche des Schambeins und ist aufgrund Ihrer Lage vom Enddarm, „Rectum“ genannt, ausgehend gut zu tasten. Der Urologe hat daher die Möglichkeit, im Rahmen einer Vorsorgeuntersuchung die Rückfläche der Prostata während einer „digito-rektalen Untersuchung“ mit dem Finger im Hinblick auf die Konsistenz (Gewebebeschaffenheit), die Größe und eventuelle tumorverdächtige Verhärtungen oder Entzündungen zu beurteilen. Eine weiterführende Beurteilung ist mit dem „Transrektalen Ultraschall“ unter Verwendung einer Ultraschallsonde möglich.

Welche Funktion hat die Prostata?

Der kompakte Drüsenkörper der Prostata besteht aus 30-50 Einzeldrüsen, deren Sekret bei einem Samenerguß in die hintere Harnröhre abgegeben wird. Die Zwischenräume zwischen den einzelnen Drüsen werden von Bindegewebe und reichlich glatter Muskulatur ausgefüllt, so daß das Organ insgesamt eine feste Konsistenz besitzt. Die Prostata liefert zusammen mit den Samenblasen den Hauptanteil der bei der Ejakulation (Samenerguß) entleerten Samenflüßigkeit. Das Prostatasekret ist reich an Enzymen, dünnflüssig, und gewährleistet die für die Beweglichkeit der Spermien erforderliche Viskosität bzw. biochemischen Eigenschaften des Ejakulates. Aus diesem Grund hat die Prostata eine ganz wesentliche Funktion für die Samenqualität und letztlich für die Fertilität (Fruchtbarkeit) des Mannes. Weiterhin bilden die Hauptzellen der einzelnen Drüsenabschnitte das prostataspezifische Antigen (PSA), ein Eiweis, das ebenfalls zur Verflüssigung des Spermas beiträgt. Es kommt in hoher Konzentration im Ejakulat vor, ist aber auch im Blut nachweisbar. Das PSA wird oft fälschlicherweise als Tumormarker bezeichnet. Richtig ist, daß PSA - abgesehen von Männern nach erfolgreicher Krebsbehandlung durch Entfernung der Prostata- im Blut eines jeden Mannes nachweisbar ist. Insofern sollte man besser von einem Gewebemarker sprechen. Eine Erhöhung des PSA-Wertes kann grundsätzlich durch eine gutartige Prostatavergrößerung, eine Entzündung, sowie durch ein Karzinom, also einen bösartigen Tumor, hervorgerufen werden. Etwas vereinfacht dargestellt läßt sich jedoch sagen, daß die Wahrscheinlichkeit eines Prostatakarzinoms umso höher ist, je höher der PSA-Wert im Blut ist, insbesondere bei Werten größer als 10ng/ml. Andererseits kann ein Karzinom unter Umständen auch bei niedrigen PSA-Werten (< 4ng/ml) vorliegen. Im Rahmen einer fachurologischen Vorsorgeuntersuchung wird der PSA-Wert ganz individuell im Kontext des Tast- und Ultraschallbefundes und - ganz wesentlich- im zeitlichen Verlauf interpretiert und ggf weiterführende Maßnahmen wie ein multiparametrisches Prostata-MRT erwogen.

Ob der PSA-Wert auch durch mechanische Belastung (Sport, Radfahren, nach sexueller Aktivität) erhöht wird, wird in der Literatur kontrovers diskutiert.

Welche Erkrankungen der Prostata gibt es?

1. Die gutartige Vergrößerung, „Benige Prostatahyperplasie“

Bei den meisten Männern kommt es ab dem 35.-40.Lebensjahr zu einem individuell unterschiedlich ausgeprägten Wachstum, also zu einer Größenzunahme der Prostata. Dieses Wachstum ist primär ein gutartiger und symptomloser (also ohne Krankheitszeichen einhergehender) Vorgang, der im Rahmen einer Vorsorgeuntersuchung durch den Urologen festgestellt wird. Im Fachjargon spricht man von der sogenannten „benignen Prostatahyperplasie“, abgekürzt „BPH“. Ein interessanter Aspekt ist, daß das gutartige Wachstum im Gegensatz zum Gros der bösartigen Prostatatumore (Prostatakarzinome) von der Gewebezone, die die Harnröhre unmittelbar umgibt, ihren Ausgangspunkt hat. Dies erklärt, warum es bei zunehmendem Drüsenwachstum zu einer Einengung des Blasenauslasses und des Anfangsabschnittes der Harnröhre kommen kann. Die Folge ist eine Erhöhung des Blasenauslasswiderstandes, der mit der Zeit zu den typischen „Prostatabeschwerden“ wie Harnstrahlabschwächung, unvollständige Blasenentleerung, häufiges Wasserlassen am Tag, nächtliche Blasenentleerungen und gehäuftes Auftreten eines nicht unterdrückbaren Harndranges führen kann. In diesem Fall spricht der Urologe von einem „benignen Prostatasyndrom“. Je nach Ausmaß der Größenzunahme der Prostata und der Schwere der Symptome kann heute, im Zeitalter der modernen Arzneimitteltherapie, in einem symptomarmen Frühstadium eine Phytotherapie mit Extrakten aus Kürbissamen, Brennesselwurzel, Sägepalmenfrucht und Roggenpollen, und bei ausgeprägteren Symptomen eine medikamentöse Therapie mit Substanzen, die das weitere Drüsenwachstum aufhalten (zum Beispiel Finasterid) und/oder den Auslasswiderstand durch die Prostata verringern (Alpha-Blocker, zum Beispiel Tamsulosin), angeboten werden. Ist das benigne Prostatasyndrom bereits weit fortgeschritten oder wird auf einen medikamentöse Therapieversuch kein Ansprechen erzielt, verfügt der Urologe über ein Armamentarium operativer Eingriffe, deren Gemeinsamkeit die Entfernung des Anteils der Prostata ist, der den Blasenauslaß bzw. die Harnröhre einengt. Dies ist in den meisten Fällen endoskopisch, das heißt durch die Harnröhre (also ohne einen Bauchschnitt) möglich. Die operativen Verfahren bei der gutartigen Prostatavergrößerung sind daher von der Totalentfernung der Prostata („radikale Prostatektomie“), wie sie beim Prostatakrebs zur Anwendung kommt, streng abzugrenzen. Wichtig ist eine frühzeitige Bestandsaufnahme mit Erfassung der Prostatagröße, eventueller Restharnbildung und Harntraktsymptomen im Rahmen einer qualitativ hochwertigen Vorsorgeuntersuchung durch einen erfahrenen Urologen.

2. Prostatakrebs (Prostatakarzinom)

Im Gegensatz zu gutartigen Prostatavergrößerung entstehen bösartige Veränderungen (Prostatakarzinome) überwiegend in den äußeren Zonen der Drüse. Prostatakrebs ist die häufigste bösartige Erkrankung und dritthäufigste Krebstodesursache bei Männern in Deutschland. Im Jahr 2016 wurde in Deutschland bei über 67.000 Männern die Diagnose Prostatakrebs gestellt; etwa 12.000 Männer waren an den Folgen eines bösartigen Tumors der Prostata verstorben. Prostatakrebs ist eine ausgesprochen vielschichtige Erkrankung, die in ganz unterschiedlichen Formen auftreten kann. Grundsätzlich werden organbegrenzte von organüberschreitenden und nicht-metastasierte von metastasierten Formen (Tumorabsiedlungen in Lymphknoten, Knochen oder anderen Organen) unterschieden. Weiterhin werden anhand verschiedener Kriterien der histo-pathologischen Begutachtung (d.h. der feingeweblichen Befundung von Prostatagewebeproben unter dem Mikroskop) Tumoren mit niedrigem, mittlerem und hohen Risiko abgegrenzt. Es gibt daher Tumore mit äußerst langsamem, teils über viele Jahre kaum voranschreitendem Verlauf und aggressive, im wahrsten Sinne des Wortes „lebengefährliche“, rasch zur Ausbreitung tendierende Verlaufsformen. Grundsätzlich ist Prostatakrebs in einem organ-begrenztem, nicht-metastasiertem Stadium heilbar. Im Idealfall wird ein Prostatakarzinom in einem Früh- bzw. nicht-metastasiertem Stadium entdeckt und dann anhand des individuellen Tumorstadiums eines Patienten behandelt. Die frühzeitige Erkennung heilbarer Stadien ist ganz entscheidend von der Qualität der durchgeführten Diagnostik abhängig, hierzu sei auf unseren Artikel „Moderne Diagnostik bei Verdacht auf Prostatakrebs: MRT-3D-TRUS-Fusionsbiopsie“ verwiesen. Unser Ratgeber beinhaltet darüber hinaus zahlreiche lesenswerte Beiträge zum PSA-Wert, zur Prostatabiopsie, deren mögliche Gefahren sowie zu den verschiedenen Therapiemöglichkeiten des Prostatakrebses.

3. Entzündliche Erkrankungen der Prostata

Weitere Erkrankungen der Prostata betreffen Entzündungen des Gewebes, „Prostatitis“ genannt. Hier werden akute bakterielle Infektionen, chronisch-bakterielle sowie chronisch nicht-bakterielle Formen (letztere auch als „chronisches Beckenschmerzsyndrom“ bezeichnet) unterschieden. Während Entzündungen bakteriellen Ursprungs in der Regel mittels Antibiotika behandelt werden, stellt die chronisch-abakterielle Form, das sogenannte chronische Beckenschmerzsyndrom, eine besondere Herausforderung an den behandelnden Urologen dar. Neben medikamentösen Kombinationstherapien stellt die extrakorporale Stosswellentherapie (ESWT) der Prostata eine innovative, empfehlenswerte Methode dar, insbesondere in Fällen, in denen medikamentös keine Besserung der sehr belastenden Symptome erreicht werden kann (siehe hierzu auch den letzten Beitrag zur ESWT in unserer Rubrik „Uro- News“).

Priv.-Doz. Dr. med. Peter Rubenwolf

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